Kurzmitteilung:
Vorläufiger Bericht über den Erstnachweis von Bsal (Batrachochytrium salamandrivorans) an Feuersalamandern im Freiland in Hessen
Laura Jung1, Laura Hoyer1, Judith Mattner1, Philipp Böning2, Alexandra Kiesler3, Tobias Eisenberg3 & Hans-Peter Ziemek1
1Institut für Biologiedidaktik, Justus-Liebig-Universität Gießen, Karl-Glöckner-Str. 21c, D-35394 Gießen;
2Biogeographie, Universität Trier, Universitätsring 15, D-54296 Trier;
3Landesbetrieb Hessisches Landeslabor, Standort Gießen, Schubertstraße 60, D-35392 Gießen
Preliminary report on the first detection of Bsal (Batrachochytrium salamandrivorans) on fire salamanders in the field in Hesse, Germany
In January 2024, the invasive chytrid fungus Batrachochytrium salamandrivorans (Bsal) was first detected in the wild on fire salamanders in Hesse. More than 30 dead fire salamanders were found in the area of two winter quarters near the border to North Rhine-Westphalia. Tests for Bsal (qPCR and histology) showed positive results, confirming the first evidence. Intensive monitoring has now started in the infested region in order to determine the extent of the outbreak.
Key words: Salamandra salamandra, Bsal, salamander plague, Hesse, Germany.
Der für den Europäischen Feuersalamander (Salamandra salamandra) tödliche Hautpilz Batrachochytrium salamandrivorans (Bsal) wurde in Deutschland bisher an über 100 Standorten mit mindestens einem Nachweis an Amphibien nachgewiesen (Böning et al. 2024). Diese verteilten sich bisher auf die Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Bayern (Dalbeck et al. 2018, Lötters et al. 2020, Schmeller et al. 2020, Thein et al. 2020).
Im Jahr 2023 wurde im Bundesland Hessen ein Kammmolch (Triturus cristatus) mittels Hautabstrichen positiv auf das Pathogen getestet. Der Fall wird vom Land Hessen als Nachweis eingestuft (HLNUG 2023). Der Erreger konnte dort jedoch bisher nicht durch eine zweite, unabhängige Nachweismethode bestätigt werden (vgl. Lötters et al. 2020, Böning et al. 2024).
Im Januar 2024 wurde an einem weiteren Standort in Hessen Bsal auch am Europäischen Feuersalamander im Freiland nachgewiesen. Über diesen Erstnachweis wird nachfolgend näher berichtet. Am 24.1.2024 wurden insgesamt sieben tote Feuersalamander im Bereich eines Stolleneingangs im nördlichen Hainbachtal, Biedenkopf nahe der Grenze zu Nordrhein-Westfalen gefunden und an die Projektgruppe der Justus-Liebig-Universität Gießen, Institut für Biologiedidaktik gemeldet. Am darauffolgenden Tag wurde der Fundort großräumig nach weiteren toten Feuersalamandern abgesucht. Insgesamt wurden an diesem Standort 30 tote Tiere mit fortgeschrittener Autolyse dokumentiert.
Demnach muss davon ausgegangen werden, dass die Salamander bereits vor mehreren Wochen verendet sind. Die charakteristischen Bsal-Läsionen waren an keinem der Totfunde eindeutig festzustellen. Dennoch ließ die Fund-Situation – ähnlich vorheriger Bsal-Ausbrüche in NRW (v. a. nach der Winterruhe) – auf eine Bsal-Infektion schließen. Alle Totfunde wurden gesichert, und es wurden Tupferproben (A- und BProben, vgl. Lötters et al. 2020) von diesen genommen. Fünf Totfunde wurden im Hessischen Landeslabor mittels Standardmethoden (Histologie, quantitative PCR (qPCR), vgl. Thomas et al., 2019, Lötters et al. 2020) auf Bsal untersucht. Aufgrund der fortgeschrittenen Autolyse aller Totfunde war eine histologische Untersuchung der Kadaver auf Bsal nicht möglich. Die Hautabstriche wurden mittels qPCR Bsal-positiv getestet (Hessisches Landeslabor mit Befund vom 1.2.2024). Die anschließende unabhängige qPCR-Analyse der B-Proben, durchgeführt durch die Universität Trier (Befund vom 9.2.2024, S. Lötters), ergab ebenfalls einen Bsal-positiven Befund aller Proben. Aufgrund des schlechten Erhaltungszustandes der Totfunde stand eine histologische Bestätigung des Bsal-Nachweises noch aus. Daher wurde parallel zu den Labor- Analysen am 9.2.2024 im Befallsgebiet ein erstes Monitoring mit Suche nach weiteren Totfunden durchgeführt. Dabei wurden weitere 21 tote Feuersalamander gefunden. An einem zweiten Standort, etwa 2 km Luftlinie entfernt, wurden weitere 12 Tiere im Bereich eines weiteren potenziellen Winterquartiers tot aufgefunden.
Im Zuge dieses Befalls-Monitorings in der Ausbruchsregion konnten drei tote Feuersalamander ohne beginnende Autolyse eingesammelt und zur histologischen Untersuchung abgegeben werden. Die Totfunde wurden sowohl mittels qPCR als auch histologisch als Bsal-positiv getestet (Hessisches Landeslabor, Befund vom 20.2.2024). Damit ist der erste Nachweis von Bsal an Feuersalamandern in Hessen im Freiland bestätigt.
Aufgrund der geografischen Nähe zu NRW – 40 km Luftlinie zum nächstliegenden Ausbruchsherd – war ein Ausbruch von Bsal in dieser Region für möglich gehalten worden (Beukema et al. 2018, Lötters et al. 2020, Akçakaya et al. 2023). Daher hat die Projektgruppe der JLU Gießen bereits in dieser Region seit 2020 in dem Bereich ein Larvenmonitoring durchgeführt. Die Ergebnisse der Kartierungen in den Vorjahren zeigten keine dramatischen Bestandseinbußen, daher wird gegenwärtig von einer kürzer zurückliegenden Einschleppung des Erregers ausgegangen. Im Bereich der Befallsstandorte und in deren direkter Umgebung wird nun ein weiteres Bsal-Monitoring durchgeführt, um den Umfang des Ausbruchs zu erfassen und mögliche Überträger zu identifizieren.
Literatur
Akçakaya, H. R., K. Neam, L. Hobin, S. Lötters, A. Martel & F. Pasmans (2023): Assessing the extinction risks of amphibians impacted by infectious diseases. – Biological Conservation 284: 110205.
Beukema, W., A. Martel, T. T. Nguyen, K. Goka, D. S. Schmeller, Z. Yuan, A. E. Laking, T. Q. Nguyen, C.-F. Lin, J. Shelton, et al. (2018): Environmental context and differences between native and invasive observed niches of Batrachochytrium salamandrivorans affect invasion risk assessments in the Western Palaearctic. – Diversity and Distributions 24: 1788–1801.
Böning, P., A. Plewnia, J. Virgo, J. Adam, N. Banowski, S. Bleidißel, N. Dabbagh, L. Dalbeck, H. Düssel, S. Ellwart, et al. (2024): Die Salamanderpest: Charakterisierung, aktuelle Situation in Deutschland, Handlungsempfehlungen. – Zeitschrift für Feldherpetologie 31: 1–38.
Dalbeck, L., H. Düssel-Siebert, A. Kerres, K. Kirst, A. Koch, S. Lötters, D. Ohlhoff, J. Sabino-Pinto, K. Preißler, U. Schulte, et al. (2018): Die Salamanderpest und ihr Erreger Batrachochytrium salamandrivorans (Bsal): aktueller Stand in Deutschland. – Zeitschrift für Feldherpetologie 25: 1–22.
HLNUG (Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie) (2023): Erstmalig Salamanderpest in Hessen nachgewiesen: Feuersalamander und andere Amphibienarten in der Grube Wembach bedroht. Pressemitteilung vom 9.6.2023. – https://www. hgon.de/fileadmin/ HGONContent/
06-Entdecken/2023/Bsal/HLNUG_PM_Erstmalig_S_en_nachgewiesen.pdf (zuletzt abgerufen am: 18.2.2024).
Lötters, S., N. Wagner, G. Albaladejo, P. Böning, L. Dalbeck, H. Düssel, S. Feldmeier, M. Guschal, K. Kirst, D. Ohlhoff, et al. (2020a): The amphibian pathogen Batrachochytrium salamandrivorans in the hotspot of its European invasive range: past – present – future. – Salamandra 56: 173–188.
Schmeller, D. S., R. Utzel, F. Pasmans & A. Martel (2020): Batrachochytrium salamandrivorans kills alpine newts (Ichthyosaura alpestris) in southernmost Germany. – Salamandra 56: 230–232.
Thein, J., U. Reck, C. Dittrich, A. Martel, V. Schulz & G. Hansbauer (2020): Preliminary report on the occurrence of Batrachochytrium salamandrivorans in the Steigerwald, Bavaria, Germany. – Salamandra 56: 227–229.
Thomas, V., Y. Wang, P. van Rooij, E. Verbrugghe, V. Baláž, J. Bosch, A. A. Cunningham, M. C. Fisher, T. W. Garner, M. J. Gilbert, et al. (2019): Mitigating Batrachochytrium salamandrivorans in Europe. – Amphibia-Reptilia 40: 265–290.